Gestern ging ich mit meinem Jüngsten zu dem nahegelegenen kleinen Fluss, dessen Ursprung in dem großen Berg liegt, der unseren kleinen Ort hier begrenzt und in den Schatten stellt. Naja, im Moment ist der Fluss wohl eher ein trauriger Rinnsal, der es, wenn nicht von Steinen unterbrochen, kaum schafft, an dem ganzen Müll vorbei zu fließen.
Eine neue Brücke geht darüber hinweg, auf der nun auch Autos auf die andere Seite zu dem leckeren Fischlokal gelangen können. Früher gab es nur eine wackelige, mit Brettern gebaute Brücke. Manche dieser Bretter waren schon kaputt, morsch oder nur noch zur Hälfte vorhanden. Es war immer ein Abenteuer, sie zu überqueren und sie hat mir als junge Mutter mit vier kleinen Kindern das Herz oft schneller schlagen lassen. Nun, passiert ist nie etwas, wenn auch immer wieder nah dran. Hier standen wir auch zwei mal und haben den Schnullern der Kinder Lebewohl gesagt und sie auf die Reise in die weiten Wege des Wassers geschickt. Ob sie am Meer ankamen?
Dort zum Vrella (wie es in albanisch heißt) bin ich nun mit Henry gelaufen - auf der Suche nach etwas Wasser oder einer Ablenkung oder einem Abenteuer.
Vorbei an den stinkenden Mülltonnen, die zwar da stehen, aber irgendwie arbeitslos scheinen, da fast aller Müll nicht in sie, sondern um sie herum geworfen wird. Und leider, leider nicht nur um die Mülltonnen, wo die Hoffnung besteht, dass er abtransportiert wird, sondern auch in den Fluss. Wir laufen über die Brücke und der Anblick ist nicht schön. "Mama, das ist Umweltverschmutzung!" sagt mein kleiner deutscher Sohn ziemlich empört. Es scheint, als ob ihm erst in diesem Jahr die Augen geöffnet sind, um das zu sehen.
Wir lassen uns aber nicht abhalten. Nicht von dem unschönen Anblick, nicht von dem teils sehr ekligen Geruch, den die Hitze noch zu verstärken vermag. Wir suchen uns einen Weg, bei dem wir an möglichst wenig Müll vorbei müssen und gehen bis zu der kleinen Mauer am Ende, wo das frische schöne Bergwasser heraus geleitet wird und in einem klaren Bassin steht, bevor es weiter fließt. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Ich räume schnell den Müll weg, der auch dort hier und da liegt, sammle vorsichtig die Scherben auf und dann setze ich mich auf einen Stein und schaue in die richtige Richtung. Ich schaue den Berg hinauf, schaue in das klare, kalte Wasser, sehe die kleinen Tierchen schwimmen, das Grün der Büsche, die den Berg in ein würdevolles Kleid kleiden.


Ich schaue in die richtige Richtung. Würde ich mich umdrehen und aufstehen, würde ich den Müllberg sehen.
Doch ich sehe Schönheit.
Und ich sehe die Freude meines Sohnes, der sein Playmobil mitgenommen hat und ein Boot für seine Ritter gebaut hat, die über gefährliche Wasser bis zum hohen Berg fahren, in dem der Drache wohnt. Ich werde erinnert an den "Hobbit" und den Drachen Smaug, den es zu besiegen gilt.


Henry springt von Stein zu Stein, rutscht ins eiskalte Wasser, was ihm aber nichts ausmacht, da er seine Badehose anhat. Später geht er bis zum Kopf ins Wasser (wüsste das die Nachbarin hier, sie würde mich für völlig unverantwortlich halten, bedeutet das kalte Wasser doch "Krankheit bis ans Ende"...). Doch das Wasser ist hier rein und sauber und Henry ist von robuster Natur. Daher macht es ihm nichts.


Dieses Bild erinnert mich an eine Qualität, die es in diesem Leben heißt zu entwickeln. Eine Gabe, die das Leben schöner und lebenswerter macht. Die Gabe, das Schöne zu suchen und zu finden. Die Gabe, die Perspektive zu wechseln und auf das Gute zu schauen. Sich nicht vom stinkendem Geruch abhalten zu lassen, näher zu gehen. Genauer hinzuschauen. Über Berge von Müll hinweg.
Das Gute ist: Gott schenkt uns diese Gabe! Er hält sie für jeden bereit, der danach sucht. Er selbst ist es, der unsere Perspektive verändert. Auch wenn unser Leben gerade in manchen Bereichen einem Müllberg gleicht. Auch wenn wir am liebsten ganz schnell weitergehen wollen, Gott will uns auch in all dem, wo wir gerade stehen, mittendrin, zu einem Platz der Ruhe und der Schönheit führen.
Dass wir doch Augen haben zu sehen und Herzen, um zu verstehen!
Mitten in unseren Schwierigkeiten, mitten in all dem Unschönen - Mittendrin begegnet uns Gott! Die Frage ist nur: Wohin schaue ich? Halte ich meinen Blick gerichtet auf all das Schwere, oder schaue ich auf Ihn - den Inbegriff von Schönheit und Vollkommenheit?
Lass dir heute diesen Blick von Gott schenken! Schau auf ihn!
