Noch vor einem halben Jahr hätte ich das nie für möglich gehalten. Nie, nie!
Wie du vielleicht weißt, bin ich hier und da als Referentin unterwegs. Mein Herz ist es, Frauen zu ermutigen, ihr Leben voll und ganz Jesus zu geben und zu erleben, wie er mitten in ihrem manchmal so vollen und chaotischen Leben wirkt und sein Reich um sie und mit ihnen baut.
Seit einigen Monaten hat Gott mir aber noch ein weiteres großes Thema aufs Herz gelegt, über das ich am Samstag zum ersten Mal vor einer Gruppe von Frauen geredet habe.
Und das ist wirklich unglaublich. (Oder besser gesagt: Das ist Gott, wenn Er unser Herz für etwas begeistert und uns ruft, es weiterzugeben. Das ist Gott, der uns über unsere eigenen, selbstgesteckten Grenzen springen lässt, der uns zu etwas befähigt, das wir nie für möglich gehalten hätten. Das ist Gott, genau so, wie ich ihn kenne...)
Nun zurück: Mir wird mehr und mehr bewusst, wie wir als Christen in einem bestimmten Thema von der Welt "bejüngert" werden. Ein bestimmtes Gebiet haben wir fast völlig der "Welt" überlassen, uns darin zu lehren und unser Denken darüber zu prägen und zu bestimmen. Es ist ein Bereich, den der Teufel seit dem Garten Eden an sich gerissen und teilweise bis ins Unkenntliche pervertiert hat.
Ich spreche von der Sexualität.
An allen Ecken und Enden werden wir damit konfrontiert. Leider viel zu oft in völlig falscher Weise. Wir haben Angst vor diesem Thema. Wir empfinden Scham und es fällt uns extrem schwer, darüber zu sprechen. Wir wollen uns davor verstecken. So, wie Adam und Eva ganz am Anfang. Die direkte Folge vom Sündenfall war Scham und Verstecken. Ich habe den Eindruck, dass genau das unser Verhalten in diesem Bereich leider so oft prägt.
Wir sehen Sexualität oft als ein Problem, das irgendwie gelöst werden muss, dabei ist es ein riesiges, von Gott geschaffenes Gebiet, das wir als Christen zurückerobern müssen.
Es erschreckt mich zu sehen und zu hören, welche Unwissenheit in diesem Gebiet herrscht. Man möchte denken, wir sind alles aufgeklärte Menschen, aber dem ist oft nicht so. Gerade in unseren frommen Kreisen sind die unterbewussten Botschaften an junge Menschen oft nur: Vorsicht! Oder: Dreckig! Oder: Halte dich fern!
Und dann, wenn man verheiratet ist, soll Intimität und Sexualität einfach "passieren", häufig (oder meistens) ohne dass mit den jungen Menschen je zuvor darüber in irgendeiner Art gesprochen wurde (abgesehen vom Aufklärungsunterricht in der Schule, der eher peinlich und sicher weit davon entfernt war zu erklären, welche wunderbaren Gedanken und Absichten Gott mit dem ehelichen Zusammenkommen hat). Hier versäumen gerade christliche Eltern eine so wichtige Aufgabe! Aber selbst wenn es die Eltern nicht sind, dann sollte es doch andere reife Christen geben, die mutig und ehrlich über dieses Thema reden, über das die Bibel übrigens häufig spricht.
Mir selbst hat Gott die Augen jedenfalls neu geöffnet. Als ich ein Buch las zu diesem Thema, ein Buch speziell für Frauen, sind mir so viele Dinge aufgegangen. Und ich wünschte, jemand hätte mal mit mir über diese Themen gesprochen. (Falls du englisch kannst, ein wirklich sehr gutes Buch "Awaken Love".)
Während ich las, hörte ich eine klare Stimme in meinem Herzen, die zu mir sagte: Rahel, niemand hat mit dir darüber gesprochen. Aber ich will, dass du anfängst mit Frauen darüber zu reden.
Wumm. Das schlug ein in mein Herz. Ich? Wirklich Herr? Meinst du wirklich mich?
Aber es war eindeutig. Es war klar. So, wie es immer ist, wenn Gott spricht. Da gibt es kein: Ich will nicht! Kein: Ich kann nicht! Da gibt es nur ein: Hier bin ich Herr. Ich weiß nicht genau wie, aber du machst mich fähig!
Und hier bin ich. Auf dem Weg. Einem spannenden Weg. Ich weiß noch nicht genau, wohin er führt, aber ich spüre ganz klar und sehr stark:
Die Zeit ist reif!
Die Zeit ist reif, dass wir den Mantel des Schweigens wegnehmen und zu einer neuen Ehrlichkeit und Offenheit miteinander gelangen - in unseren Ehen, in der Gemeinde, mit unseren Kindern, mit der nächsten Generation. Die Zeit ist reif, dass Wunden aufgedeckt werden dürfen und ein neues Bewusstsein dafür entsteht, was uns über Jahre und Jahrzehnte (oft negativ) geprägt hat. Die Zeit ist reif, um Licht in das Dunkel, die Scham und Verletzung scheinen zu lassen. Die Zeit ist reif, dass Gottes wunderbare Heilung auch diesen Bereich unseres Lebens erfassen darf. Die Zeit ist reif, endlich wieder das Wunder zu ergreifen, wertzuschätzen und zu feiern, welches Gott uns mit der ehelichen Sexualität gegeben hat. Es ist ein Geschenk für beide, Männer UND Frauen! Wusstest du das?
Julie Slattery schreibt in ihrem tollen Buch "Rethinking Sexuality" folgende nachdenkenswerte und, wie ich finde, nur zu wahre Worte:
Christen haben eine lange Geschichte des Vermeidens und des falschen Umgangs mit Themen der Sexualität. Über Generationen hinweg haben wir einfach nicht über Dinge wie sexuelle Abhängigkeit, sexuellen Missbrauch, sexuelle Funktionsstörungen oder sogar sexuelle Freude in der Ehe gesprochen. Die Menschen waren darauf angewiesen, sich auf diesem Terrain selbst zurechtzufinden oder Hilfe bei der modernen Psychologie zu suchen.
Wenn sich die Kirche mit diesen Fragen befasst hat, geschah dies allzu oft in einem verurteilenden Ton. Der Schwerpunkt lag darauf, Teenager zu überzeugen, Jungfrauen zu bleiben und die vielen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Sexualität zur Sünde wird. Da wir dazu neigen, Sexualität mit diesem Problem -Lösungsansatz anzusprechen, teilen wir Menschen in die Kategorien Jungfrauen und Sünder, sexuell gesund und sexuell gebrochen ein. Wenn man sich in der falschen Kategorie wiederfand, war die Kirche der letzte Ort, an dem man Hilfe suchen wollte. (...)
Der angesehene Autor und christliche Leiter Philip Yancey erklärte:
"Ich kenne kein größeres Versagen unter Christen, als einen überzeugenden Ansatz zur Sexualität zu präsentieren."
Wie beten einen Gott an, der die Sexualität zu einem bestimmten Zweck geschaffen hat und seinen Plan sowohl in der Schöpfung als auch durch sein Wort mitgeteilt hat. Die Bibel sagt uns, dass wir alles haben, was wir brauchen, um durch Jesus Christus ein gottgefälliges Leben zu führen. Ich glaube, das schließt unsere Sexualtät ein. Gottes Wahrheit wird jedoch in diesem Bereich unseres Lebens nichts bewirken, wenn wir nicht unseren Ansatz ändern und das verlorene Gebiet der Sexualität zurückerobern. (...)
Unser Schweigen über Sex bestärkt den Glauben, dass Sexualität schmutzig und gottlos ist. Die Menschen kommen zu dem Schluss, dass Gott wenig oder gar nichts über unsere Sexualität zu sagen hat. Das Schweigen lehrt uns, an unseren geheimen Kämpfen und Fragen festzuhalten, was zu Isolation und Scham führt. Ich höre von vielen Christen, die sich danach sehnen, dass die Gemeinde dieses Schweigen bricht.
In vielen Gesprächen, die ich seit meinem "Aufwachen" mit sehr unterschiedlichen Frauen geführt habe, bemerke ich genau das! Und das bestärkt mich ungemein auf diesem Weg.
Wie geht es dir bei diesem Thema? Wie geht deine Gemeinde damit um? Hast du Menschen, mit denen du offen darüber reden kannst?
Es würde mich sehr freuen und interessieren, deine Meinung dazu zu hören. Schreib mir einfach 😊