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Wie Freundschaft im Alltag lebendig bleibt

Wie Freundschaft im Alltag lebendig bleibt
Photo by Bewakoof.com Official / Unsplash

Vor ein paar Tagen bekam ich eine liebe Nachricht per Mail. Wie sehr ich mich immer freue, wenn eine Rückmeldung kommt – ganz unverhofft, von Herzen.
In dieser Mail stellte mir die Frau eine Frage, auf die ich in diesem Artikel gerne eingehen möchte:

Wie geht es dir mit dem Pflegen von Freundschaften? Wie schaffst du es, trotz deinem Alltag mit vier Kindern, tiefe Freundschaften zu leben?

Sie schilderte zuvor, wie schwer es für sie ist, im Alltag mit drei Kindern Freundschaften aufrechtzuerhalten, besonders wenn die Freundin ebenfalls mehrere Kinder hat.

Und ja – was ich festgestellt habe, ist folgendes:
Es spielt kaum eine Rolle, wie viele Kinder man hat. Ob ein Kind, zwei oder fünf – Zeit bleibt irgendwie keinem übrig.Und Freundschaften sind oft das Erste, was hinten runterfällt.

Ein Kulturschock in Sachen Freundschaft

Ich habe acht Jahre in einer beziehungsorientierten Kultur gelebt. In unserer albanischen Stadt waren die meisten Frauen fast immer zuhause. Die Kinder hatten nicht zig Termine oder Vereinsaktivitäten. So konnte ich jederzeit spontan jemanden besuchen – und traf meine Freundinnen auch wirklich an.
Ein türkischer Kaffee stand immer bereit. Mehr brauchte es für einen guten, herzlichen Austausch auch nicht.

Als wir dann nach Deutschland kamen, lernte ich erste Frauen hier im Ort kennen. Oft fühlte ich mich einsam – und sehnte mich nach Gemeinschaft. In Albanien wäre ich einfach losgegangen und hätte eher entscheiden müssen, wen ich heute besuchen möchte.
Hier schrieb ich einer „angehenden“ Freundin und fragte, ob wir uns auf einen Kaffee treffen könnten.

„Ja, sehr gerne!“ – Schön, dachte ich. Und dann kam noch:
„In drei Wochen, am Mittwoch, um 15 Uhr kann ich.“

Drei Wochen?!
Ich war ehrlich geschockt. Was weiß ich denn, was in drei Wochen ist? (So funktionierte unser Leben in Albanien einfach nicht.)
Aber ich merkte schnell: Wenn ich den Termin nicht annehme, wird es vermutlich nie etwas.

Wir brauchen Freundschaft – dringender als wir zugeben

Unser Leben ist voll: Pflichten, vermeintliche Pflichten, Erwartungen, Müdigkeit, Erschöpfung.
Und was bleibt übrig? Nicht viel.
Und doch: Wir brauchen Freundschaft – tiefe, echte Freundschaft.
Ich weiß, dass ich ohne Freundinnen an dem Ort, an dem ich lebe, innerlich verkümmern würde.
Ich habe viele Beziehungen über Entfernung, die mir sehr kostbar sind, aber ich brauche auch Herzensmenschen vor Ort, die ich in den Arm nehmen kann.

Darum hier vier Dinge, die mir helfen, Freundschaften trotz vollem Alltag zu leben:

1. Kleine Botschaften

Freundschaft lebt davon, dass man voneinander weiß.
Dass Herzen verbunden bleiben. Es muss nicht immer ein Treffen sein.
Oft reicht:

  • eine kurze Nachricht
  • ein Gebet als Sprachnachricht (schon ausprobiert?)
  • ein kurzer Anruf

Das signalisiert: Ich denke an dich. Ich bin da.
Ehrlichkeit macht Freundschaft tief – zu sagen, wie es mir wirklich geht, wo ich Gebet brauche, wo ich schuldig geworden bin, worüber ich mich freue oder was mich gerade in Gottes Wort anspricht. Und die ehrliche Frage: Wie geht es dir? Wie kann ich für dich heute beten? Wie war dein Tag? - All das kostet nicht viel Zeit, ist aber ein wunderbares Mittel, sich gegenseitig mitten ins Leben zu sprechen.

2. Prioritäten setzen

Freundschaft hängt oft davon ab, was auf meiner inneren Liste ganz oben steht. Ein perfektes Haus? Oder ein offenes Herz?

Vielleicht stehen Wäschekörbe rum, das Bad ist reif fürs Putzen, und durchs Fenster könnte man auch mal wieder schauen – bei mir gerade alles ein klares „Ja“. Aber was ist jetzt wichtig?
Bin ich bereit, jemanden spontan hereinzulassen?
Ein Telefonat zu führen statt aufzuräumen?

Hausarbeit läuft nicht weg. Freundschaft schon. Was ist dringend, was ist wirklich wichtig? Je länger ich lebe, desto mehr merke ich, dass Beziehung das ist, was wirklich wichtig ist.

3. Spontanität zulassen

Ich erlebe immer wieder, dass spontane Treffen oft die schönsten sind.
Viele haben Zeit, aber scheuen die Mühe eines offiziellen Termins.
Mir geht’s genauso: Ein fixer Termin um 16 Uhr stresst.
Aber wenn eine Freundin plötzlich vor der Tür steht?
Dann habe ich fast immer eine Stunde für einen Kaffee.

Spontanität nimmt Druck raus: Kein Aufräumen, kein Kuchen, kein Perfektsein.
Einfach echtes Leben teilen.

(Natürlich funktioniert das nur, wenn man räumlich nicht weit auseinander wohnt.)

4. Planen – denn Freundschaft braucht Rhythmus

So sehr ich spontane Treffen liebe, weiß ich auch: Freundschaft braucht Regelmäßigkeit.
Ich bin dankbar, dass ich viele meiner Freundinnen jede Woche im Frauenkreis sehe – und oft zusätzlich in der Gemeinde.
Deshalb ermutige ich: Macht einen festen Rhythmus.
Wöchentlich ist großartig. Plant Treffen fest ein!

Auch versuche ich, die Termine meiner Kinder zu nutzen:
Während meine Tochter beim Turnen ist, besuche ich eine iranische Freundin im gleichen Ort.
Während die Kinder bei einem Programm in der Gemeinde sind, treffe ich mich mit Freundinnen – kurz, aber wertvoll. Zum Austauschen, Beten, und mindestens zweimal fest umarmen.

Freundschaft ist die Blüte eines Augenblicks und die Frucht der Zeit. (Kotzebue)

Die köstliche Frucht wahrer Freundschaft

Mit einer engen Freundin leite ich zur Zeit zwei kleine Frauengruppen. Es stand ein sehr wichtiger Abend an. Ich hatte seit Mittag schlimme Migräne. Meine Freundin hatte viel Chaos zuhause. Ich wusste nicht, ob ich an diesem Abend kommen könnte. Doch wir wussten: wir sagen nicht ab. Eine Stunde vor Beginn kam sie in mein Schlafzimmer. Ich lag noch mit Nebel und Schmerz in meinem Kopf im Bett. Sie kam, legte sich zu mir, betete für mich im Dämmerlicht und es war so ein schöner Moment von Freundschaft. Warum? Weil unsere Freundschaft in Jesus gründet ist und weil wir ihm gemeinsam dienen dürfen und miteinander und füreinander kämpfen. Das ist wahre Freundschaft. - Und tatsächlich hörte Gott unser Gebet und machte es mir möglich, den Abend noch dabei zu sein.

Ich glaube fest:
Gute Freundschaften sind eines der kostbarsten Geschenke, die Gott uns auf dieser Erde macht. Lasst dieses Geschenk nicht unbeachtet. Packt es aus und verbringt soviel Zeit damit wie möglich.

Ein Freund liebt jederzeit, und ein Bruder wird für die Not geboren.
— Sprüche 17,17
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