Vorweg: Das sind meine persönlichen Ansichten und Erfahrungen. Es ist kein Allgemein gültiges: genau so muss es sein (z.B. die Sache mit dem Fernseher) Also lese es und behalte das, was dich vielleicht anspricht und lass das andere getrost bei mir ;)

Vor einiger Zeit hatte Henry Besuch von einem Freund, der aus dem Kosovo stammt. Er kam in unser Haus, dann in unser Wohnzimmer, schaute sich um und fragte etwas verblüfft: "Wo ist denn euer Wohnzimmer?" Wir erklärten ihm, mit Blick auf die gemütlichen Sofas, dass das unser Wohnzimmer sei. Ich begriff erst nicht so recht, warum ihm das nicht klar war. Doch dann ging mir ein Licht auf. Er vermisste etwas, was bei ihm zuhause ziemlich viel Platz im Wohnzimmer einnahm: den Fernseher. Als ich zuletzt bei ihm zuhause war, kam ich zur Tür herein und ein rießiger Kasten flimmerte vor sich her.

Für unseren kleinen kosovarischen Freund war ein Wohnzimmer kein Wohnzimmer, wenn da kein Fernseher stand. Irgendwie amüsant und irgendwie auch echt traurig.

In einem tollen Buch über den Umgang mit Medien ("The Tech-Wise Family" von Andy Crouch) blieb mir eine Sache besonders hängen und sie geht mir immer wieder durch den Kopf.

Unser Wohnzimmer (bei uns auch mit Küche und Esszimmer verbunden) ist das Herz des Hauses. Unumstritten. Hier verbringen wir die meiste Zeit als Familie zusammen. Hier wird gekocht, hier werden Hausaufgaben gemacht, hier wird gegessen, am Feuer gesessen, gebastelt, gesungen, gestritten, Autos gespielt, Hauskreis gefeiert, Gäste empfangen - rundum: hier findet unser Leben statt, wenn wir zuhause sind. Ich würde schätzen, bei dir ist es ebenso.

Nun war die Frage in diesem Buch ungefähr folgende: wenn das Wohnzimmer der Lebensmittelpunkt der Familie ist, was prägt diesen Raum? Wozu lädt er ein? Was macht ihn aus? Fördert er Kreativität? Fördert er Gaben? Fördert er gemeinsames Leben? Ist er einladend?

Wie unser Wohnzimmer (oder unser Lebensmittelpunkt) aussieht, das sagt wohl einiges über uns aus. Seitdem mir das bewusst ist, achte ich mehr darauf, was alles in unser Wohnzimmer darf und was nicht. Hier ein paar Gedanken:

  1. Fernseher raus - beste Entscheidung ever

Als wir in unser Haus hier gezogen sind, war von Anfang an klar, dass wir keinen Fernseher im Wohnzimmer haben wollen. Wir haben zwar einen, aber der ist in der (wahrlich) letzten und weit entferntesten Ecke des Hauses ganz oben. Das soll keine Kritik an irgendjemand sein, der einen großen Fernseher im Wohnzimmer stehen hat (wie wahrscheinlich 90% der Deutschen). Für uns jedoch ist es ein Segen. Warum? Weil er deshalb einfach so gut wie nie läuft. Nicht mal eben schnell Nachrichten anschauen (seit drei Jahren ist das ja auch eher eine Qual), oder mal dieses oder jenes Programm. Mal hier hängen bleiben und dann doch noch diesen Tatort schauen. Ich kenne mich und daher ist es einfach gut, diese Versuchung nicht zu haben. Nicht zu unterschätzen auch der kategorische Entzug von Werbung (welche natürlich auch auf anderen Wegen seine Stimme erhebt, aber nicht so fordernd).

Weniger Fernsehen bringt es automatisch mit sich, dass mehr miteinander gesprochen wird, weil eben nicht ständig andere Stimmen mitmischen, (die ich eigentlich auch gar nicht da haben will).

  1. Kreativität fördern

Da ich selbst sehr gerne kreativ bin, hat das auf jeden Fall einen hohen Stellenwert bei uns. Das heißt: in dem einzigen kleinen Regal im Wohnzimmer sind sechs Schubladen: für Wasserfarben und Stifte, für leere Blätter, für bemalte Blätter, für Spiele, für Musikinstrumente und für Liederbücher. Auf unserem großen Tisch (den ich mir auch sehr gewünscht hatte) ist immer eine Seite in Beschlag genommen mit Stiften, Malsachen oder anderem. Eine Kiste unter einem Stuhl ist voll mit Büchern, die wir regelmäßig aus der Bücherei ausleihen. Unter dem Sofa steht Henrys kleine Kiste mit Autos. Gesellschaftsspiele auch unter dem Sofa (leider sind wir nicht so die Spielerfamilie, die ich gerne sein würde...) Die Gitarre hängt an der Wand und beim Esstisch hängt eine Tafel. Die hat sich auch als Goldwert erwiesen. Täglich stehen die Kinder davor zum malen, schreiben, Hausaufgaben machen, Botschaften senden usw. Ich wollte sie eigentlich noch mehr nutzen um Bibelverse auswendig zu lernen...

Egal was es ist, was Kreativität fördert, es soll Teil meines Lebensmittelpunktes sein. Es soll schnell greifbar sein. Es soll sichtbar und einladend sein. Stifte sind immer da, Blätter immer griffbereit. Bücher immer in der Nähe des Sofas. Der Kühlschrank ist mit kleinen Kunstwerken behangen. Ein Haselnussast wird immer wieder mit wechselnden Basteleien verziert.

  1. Schönheit leben

Mir ist bewusst, dass Schönheit sehr unterschiedlich verstanden wird und das ist auch gut so. Was ich hier damit meine ist, dass das Wohnzimmer ein Ort sein sollte, an dem sich alle wohlfühlen dürfen. An dem sie Sein dürfen. Für mich gehört Schönheit unbedingt dazu. Pflanzen, die es beleben, Bilder, die mir etwas bedeuten, Bibelverse, die in mein Leben sprechen, hin und wieder frische Blumen auf dem Tisch (oder schöne getrocknete, die ich zuletzt auf dem Markt gefunden habe und mich sicher treu durch den Winter begleiten werden). Kerzen gehören auf jeden Fall dazu, vor allem jetzt wieder bei den dunkler werdenden Tagen. Verschiedene Lampen erzeugen in unterschiedlichen Ecken gemütliches Licht und laden zum gemeinsamen Lesen und Bücher anschauen ein.

Sicher sind es nicht so sehr die Äußerlichkeiten, die die Atmosphäre hauptsächlich prägen und doch sind sie nicht zu unterschätzen. Sicher ist es nicht das perfekt aufgeräumte und geputzte Zimmer, das einladend ist. Es sind vielmehr die Menschen, die es bewohnen. Aber vielleicht schaust du dich mal um bei dir und fragst dich: Wie wird in eurem Lebensmittelpunkt "Leben" gefördert? Wie wird gemeinsames Leben gelebt? Wie können unterschiedliche Gaben (musikalisch, künstlerisch...) ausgelebt werden? Macht dieser Raum Lust dazu? Ist er einladend und schön und wohltuend für alle, die sich darin aufhalten?