Wie nur die Zeit vergeht. Ich habe mich die letzten Wochen recht rar gemacht. Meine Gedanken waren oft hier und es hat mich immer wieder sehr gejuckt, zu schreiben. Aber wie es dann so oft ist: das Leben macht einfach und zieht einen weiter, manchmal schneller als einem lieb ist.

Doch gestern saß ich einfach einmal auf der Schaukel im Garten. Hab mich einfach mal eben schnell rausgestohlen, vier Kinder im Haus gelassen und mich mit meinem Kaffee zu den fröhlich singenden Vögeln gesellt, die meinem schweren Herzen eine neue, leichte Melodie lehren wollten.

Wir waren in den letzten Wochen viel unterwegs. Und währenddessen ist der Rasen unerbittlich gewachsen. An einer Stelle in unserem noch etwas unstrukturierten, unfertigen Garten (doch das ist er wohl immer irgendwie, hab ich mir sagen lassen...), da beim Trampolin und drum herum, hab ich mich letztes Jahr noch fleißig bemüht, einen bebaubaren Acker zu schaffen, indem ich alles mögliche rausgerissen habe, Steine entfernt habe, versucht habe zu begradigen und den wahnsinnig weit verästelten Brennnesseln Herr zu werden. Nun, genau an dieser Stelle wächst jetzt die schönste wilde Blumenwiese. Und natürlich mit viel Brennnesseln dazwischen. Wer hätte auch gedacht, dass man denen ihr Gebiet streitig machen könnte.

Field of pink nettle blossom on green background
Photo by Bozhin Karaivanov / Unsplash

Ganz bewusst will ich, dass genau dieser Fleck in unserem Garten bleibt. Genau so wie er ist. Ich werde mich hier nicht mehr bemühen. Und das nicht aus Resignation. Sondern im Gegenteil: weil ich mich einfach so sehr an dem wilden freue. An dem Leben, das einfach kommt und durchbricht. Dem wilden, schönen Leben, das Platz schafft den vielen Bienen (unsere Große will schon ihre AG aus der Schule zu uns einladen, damit sie mal Bienen sehen können :), den Schmetterlingen, Hummeln und was da noch alles kreucht und fleucht. Herrlich. Manchmal liegen meine sehr lebendigen Kinder und ich einfach auf dem Trampolin und beobachten, was da vor sich geht. Ein Wunder.

Photo by Darius Cotoi / Unsplash

Wie oft will ich mein Leben lieber selbst bebauen. Will sagen, was wo und wie gepflanzt werden soll. Will bestimmen, welche Blumen, welches Gemüse, wann, wo und wie. Ich versuche Rahmen zu schaffen, in dem sich mein Leben abspielen soll. Ich will ernten, was ich gepflanzt habe, will sehen, was das Ergebnis meiner Mühe ist (und tatsächlich freue ich mich auch dieses Jahr sehr an meinen im Herbst mühsam in die Erde gesteckten Tulpen ;) Doch oft ist das Leben nicht so. Es macht einfach. Und eigentlich ist unser natürlicher Instinkt: ich will dem Herr werden. Ich will es bestimmen. Vielleicht hätte man schon all das munter wachsende Grün vernichtet und hätte sich pflichtbewusst dran gemacht, das Stück Land wieder urbar zu machen, nützlich, ordentlich, in Bahnen.

Doch wenn ich diese fröhliche kleine Wiese beim Trampolin sehe, dann freue ich mich einfach, weil sie auf der einen Seite einfach wunderschön aussieht (gelb, lila, weiß und grün sind einfach eine herrliche Kompination, wenn dann auch noch ein flauschiges weiß der Pusteblumen dazu kommt ist es nahezu perfekt) und weil sie mir, wie so oft in der Natur, eine Lehrmeisterin ist.

Sie wächst einfach und sie spendet Leben. Nichts war direkt gepflanzt (wer pflanzt auch schon Löwenzahn, der ist von Natur aus einfach Meister im einfach mal kommen und aufgehen - egal wie widrig auch der Ort...). Nichts konnte ich direkt voraussehen. Es war eine Überraschung. Es ist eine Freude. Sie wäre mir verwehrt gewesen, wenn ich Herr hätte sein wollen.

Ist es so nicht auch oft in unserem Leben? Wir wollen Herr sein und versuchen es vielleicht auch viel zu oft. Strampeln uns ab, bemühen uns und doch will uns Gott vielleicht die größte Schönheit und Freude da wachsen lassen, wo wir merken, dass  wir es nicht im Griff haben. Vielleicht dürfen und müssen wir in manchen Bereichen unseres Lebens (oft schmerzlich) abwarten und sehen, was Gott wachsen lässt.

Mir geht es vor allem in Bezug auf meine Kinder so. Ich will pflanzen (wie die Tulpenzwiebel) und dann auch möglichst schnell ernten oder das Ergebnis sehen. Doch leider ist das oft nicht so, jedenfalls bei mir. Das frustriert mich zu Zeiten sehr. Warum ist da nicht mehr Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Warum ist das Gehorchen nur so schwer. Oh, wie langsam alles nur wächst bis es überhaupt erstmal durch die Oberfläche spitzt, geschweige denn in voller Schönheit vor einem steht (wie meine Tulpen gerade).

Aber vielleicht sollte ich viel mehr Ausschau halten nach dem, was schon wächst, auch wenn es etwas anderes ist, als ich erwarte. Sehe ich all das gute, das einfach so kommt und das Gott sprießen lässt?

Standing Alone
Photo by Elijah Hiett / Unsplash

Ich schaukel noch ein paar mal hin und her bevor mich dann die erste aufgeregte Kinderstimme ruft und es Zeit ist, weiter zu machen. Die Vögel hören nicht auf zu singen, die Bienen sind weiter fleißig, der Wind weht weiter sanft durch die sich völlig geöffneten Löwenzähne. Ich will lernen, das Leben machen zu lassen. Oder besser gesagt: Halleluja, ich kenne Gott! Also: Gott machen zu lassen! Denn ER ist in allem und immer in meinem Leben am Werk. Und ER schafft, was ich nie tun könnte gerade dann, wenn ich mich völlig ihm hingebe und ihn machen lasse. Aber möge er mir und dir Augen schenken das zu sehen und Herzen, das zu verstehen...

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