Als ich gestern im Garten auf dem Boden kniete und mir mal wieder richtig die Hände dreckig machte in der klebrigen, satten Erde, mein kleines Staudenbeet bearbeitete und mich an dem Wachstum der Pflanzen freute - da durchzog mich so ein Gefühl von Freude und Glück und ich sagte Gott: Ich liebe mein Leben!

Es war irgendwie ein besonderer Tag gestern. Erst einmal hatte ich am vormittag ein gutes klärendes Gespräch. Ich hatte vor diesem Gespräch ehrlich gesagt ein wenig Angst gehabt, aber es ist so schön zu erleben, wie sich Dinge dann doch ganz anders und ins positive verändern, wie Vergebung ausgesprochen und angenommen wird und wie ein Neunfang möglich wird. Danke Gott!

Dann kam eine ältere alleinstehende Freundin aus der Gemeinde vorbei. Wie auch gestern schon. Sie möchte nicht nach hause in die Einsamkeit, sondern genießt unser volles trubeliges Familienleben. Ein kommen und gehen den ganzen Nachmittag lang. Sie sitzt dann wie ein Ruhepol auf dem Sofa und ich weiß: sie ist einfach hier. Sie darf einfach hier sein. Ich muss mich nicht die ganze Zeit um sie kümmern. Sie liebt es da zu sein. Und ich finde es auch richtig schön, einem Menschen so einfach zu helfen, indem man ihm einfach einen Raum anbietet, da sein zu dürfen, mitten im ganz normalen Chaos.

Gegen Mittag lernte ich dann die Mama einer neuen Freundin meiner 8 Jährigen Tochter kennen. Ich habe sie schon oft am Fester vorbei laufen sehen, schwanger mit dem 4. Kind. Ihr Sohn geht in den gleichen Kindergarten wie unserer. Als sie dann ihre Tochter bei uns ließ, verstanden sich unsere Söhne auch gleich auf Anhieb gut und spielten den ganzen Nachmittag miteinander. Die Tochter ist neu in der Klasse meiner Tochter und es freute mich sehr, dass mein Mädchen eine Freundschaft zu der "Neuen" aufgebaut hatte und sie jetzt in ihren Freundeskreis einführt! Eine wunderbare Gabe!

Ich freute mich so über den neuen Kontakt zu einer lieben Mama, die auch noch mit einem Kosovaren verheiratet ist und wie ich eine Zeit lang in Freiburg gelebt hat. Was Gott aus diesem Kontakt macht, ich bin gespannt. Da Kinderturnen gestern ausfiel konnte ich ihr sagen: Ich bin da. Lass die Kinder einfach da. Wieviel Freiheit lag in diesen Worten. Welch Gefühl von "Luxus" sagen zu können: Ich bin da. Ich bin einfach da. Muss nicht mehr weg, hab keine festen Termine. Ich bin da.

Mir schien es, als wäre dieser Satz mehr wert als aller Reichtum der Welt.

Später, nachdem ich mit meinem großen zum Friseur reinspitzte (der bei uns um die Ecke ist), nur um zu merken, dass noch 7 Personen vor uns da saßen und wir zurück liefen, entdeckte ich schöne Stauden (ich liebe sie!) bei Penny, gönnte mit zwei und ging heim. Auf dem Weg traf ich auf eine ältere Frau, die mit Gießkanne aus dem Neubau mit mehreren Wohnungen herauskam. Ich fragte sie nach dem schönen Beet vor ihrer Tür. Und so kamen wir ins Gespräch. Darüber, dass sie schon 86 Jahre alt ist, dass ihre ganze Existenz bei der Flut zerstört wurde und dass sie jetzt hier lebt und sich gar nicht wohl fühlt. Wir hatten ein gutes, ehrliches Gespräch, mit Gießkanne und Stauden in den Händen. Sie wohnt grade ein paar Häuser weiter wie wir. Täglich laufe ich vorbei an diesem Haus. Jetzt sehe ich ein Gesicht, jetzt sehe ich einen Menschen. Ich fragte sie nach ihrem Namen. Sie sagte mir einen komplizierten Doppelnamen und ich schlug ihr vor: "Wir können uns auch gerne duzen." - Und was kam mir da für ein Strahlen entgegen. Eine Freude - vielleicht der Anfang einer Freundschaft. Nichts schien diese Frau mehr zu freuen, als das. Ich kenne jemand mit Namen in dieser Fremde...

Später, als ich im Garten saß, mein Mann und liebe Freunde und Schwiegervater auf dem Gerüst dabei die Fassade unseres großen Hauses zu machen, da füllte sich der Garten mit spielenden Kindern, am Matschen, am Trampolin springen, am Dinosaurier jagen, meine Freundin immer noch da, auf dem Sofa draußen in eine Decke gehüllt, selig, als sie sich verabschiedete.

Und ich - einfach nur dankbar. Einfach nur dankbar, dass ich da sein darf. Dankbar für Kinder, die Kinder sind und einfach draußen spielen. Dankbar für Freunde. Dankbar für bis heute noch Fremde, deren Namen ich jetzt kenne und die Gott vielleicht kunstvoll in meinen Lebensteppich webt. Die Gott vielleicht liebevoll ansprechen will durch mich und mein Leben.

So dankbar, dass ich einfach nur da sein darf.

"Du, Mama von Jemima, arbeitest du nicht?" fragte mich eine der kosovarischen Freundinnen von Jemima. "Ich arbeite zuhause, sagte ich ihr und in meinem Herzen dachte ich: elch Vorrecht. Welch Freude. Welch Luxus sagen zu dürfen:

Ich bin da. Kommt einfach. Bleibt einfach.