Letzte Woche fuhr ich in eine benachbarte Stadt, um etwas abzuholen.
Es war ein herrlicher Tag, ein strahlend blauer Himmel über den langsam weiße Wolken spazierten. Überall waren grüne und saftige Felder und Wiesen.
Doch da, ein bisschen weiter weg, sah ich etwas besonderes. Ein dicker roter Streifen hob sich scharf vom blau des Himmels ab, gleich eines flammenden Meeres. Ein Meer voller roter Mohnblumen war es.
Ich konnte nicht anders, als einen Weg zu finden, um dem näher zu kommen. Und als ich ihn fand, stellte ich das Auto ab und lief zu diesem Feld voller Herrlichkeit. Ein überwältigender Ausbruch von Schönheit. Selten so etwas gesehen. Ich öffnete meine Augen weit, um diesen Anblick ganz in mich aufzunehmen. Klar, ich machte auch Fotos. Doch das Wunderschöne hält keine Kamera der Welt fest. Nicht so, wie es meine Augen können. Und mein Herz.

Ich lief los, dem langen Feld entlang. Die roten Köpfe (und die blauen der Kornblumen) verneigten sich leise vor mir im vorübergehen. Ich konnte nur immer mehr und mehr staunen über solch eine Schönheit, die Gott geschaffen hat. Solch ein Überschwang an Schönheit. Ich setzte mich an den Rand des Feldes, still und sah einfach nur auf dieses Meer an Blumen. Ich atmete tief ein und ich genoss diesen Moment in vollen Zügen. An einem ganz normalen Donnerstag vormittag. Eine Stunde lang. Es war pure Anbetung. Nicht laut. Aber ganz tief in meinem Herzen betete ich diesen Gott an, der diese Herrlichkeit geschaffen hat.

Und ich nahm mir an diesem Vormittag wieder einmal vor, mit offenen Augen durch diese Welt zu gehen. Immer und überall ist Gott am Werk. Er lässt seine Schönheit sehen, vielleicht nicht immer in solch offensichtlicher Weise. Aber ich bin zutiefst überzeugt: überall können und dürfen wir ihn sehen und ihn entdecken. Wenn wir uns doch nur die Zeit nehmen würden und nicht nur mit unseren Augen, sondern auch mit unserem Herzen sehen würden.

Meine geliebte Herzensfreundin Lilias Trotter, Missionarin in Algerien bis 1928, sagte es einfach und treffend:

"Viele Dinge beginnen mit dem Sehen in dieser, unserer Welt."

Damit meint sie sowohl das Sehen mit den Augen als auch das Sehen mit dem Herzen. Was unsere Augen sehen, was wir sie sehen lassen, hat so viel Auswirkung auf unser Herz. Und wie unsere Augen sehen, hat so viel Auswirkung auf das, was wir tun. Sehen ist so viel mehr, als das, was physisch geschieht. Durch das Sehen mit dem Herzen eröffnet sich uns eine völlig neue Welt. Das ist in der Natur so, aber vor allem auch mit unseren Mitmenschen.

Seit fast einem Jahr sind wir zurück in Deutschland. Zurück in einem sehr beschäftigten, schnelllebigen und stressigen Land. Zurück in einem Land, in dem mir die "Menschlichkeit" trotz so vieler Menschen so oft fehlt. Es fällt mir nicht so leicht zu beschreiben, was ich damit meine. Vielleicht hat es ganz viel mit eben diesem Sehen zu tun. Meinen Mitmenschen sehen, das Schöne sehen, Zeit sehen als Geschenk und nicht als Antreiber. Verweilen können im hier und jetzt. Eine Blüte zu betrachten im kleinsten Detail. Mit der Kassiererin sprechen, sie anlächeln, das "unmenschliche" Schweigen brechen. Sich Zeit zu nehmen, wirklich zu sehen. Das Herz des anderen zu sehen. Doch vor allem das Herz Gottes zu sehen in der Begegnung mit ihm. Damit fängt alles an.

"Denn so wie Gott einmal befahl: Licht soll aus der Dunkelheit hervorbrechen!, so hat sein Licht auch unsere Herzen erhellt. Jetzt erkennen wir klar, dass uns in Jesus Christus Gottes Herrlichkeit entgegenstrahlt." (2.Korinther 4,6)

Als ich an diesem Vormittag zurückgefahren bin, da war ich innerlich glücklich. Einmal mehr durfte ich Gottes Herrlichkeit sehen, die mir in seiner Schöpfung entgegengestrahlt ist. Wieviel mehr möchte ich die Herrlichkeit in Jesus Christus noch begreifen. Denn in ihm ist Gottes ganze Schönheit zu sehen - nie hat er sich so wunderbar offenbart! Die Schöpfung ist nur ein Schatten im Gegensatz zu dem, was Jesus bereithält, würden wir uns nur genug Zeit nehmen, ihn anzuschauen...