"Der Frühling ist mit Macht angebrochen. Was für eine wundervolle Zeit! Die Wiesen erstrahlen in allen Grüntönen, die Rapsfelder haben ihr herrlich gelbes Kleid angezogen und wie einen nicht enden wollenden Schleier ziehen sie unsere Augen hinter sich her..."
So habe ich diesen Artikel heute morgen begonnen und dieser Anfang ist alles, was von dem Artikel noch übrig geblieben ist, nachdem ein technisches Problem ihn hat verschwinden lassen. Ich musste heulen. Jetzt hatte ich so eine lange Schreibpause gemacht und es kostete mich einiges an Überwindung, mich heute morgen hinzusetzen und mein Herz in diesen Artikel zu werfen. Dann, als ich ihn veröffentlichen wollte, war er weg. Manche Artikel, die ich schreibe fühlen sich ein wenig an wie eine Geburt und diese wieder rückgängig zu machen und zu wiederholen - das ist schwierig...
Doch ich will mich davon nicht entmutigen lassen. Ich setze mich jetzt heute nachmittag nochmal hin und versuche zu schreiben, was auf meinem Herzen ist.
Der Verlust dieses Artikels reiht sich ein in so einiges, was ich in den letzten Tagen loslassen musste:
Vor einigen Tagen ist eine liebe Freundin in Albanien plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben. Es war die jüngere und einzige Schwester meiner geliebten Nena Rrushe, mit der wir acht Jahre zusammengelebt haben. Ihren großen Schmerz kann ich nur erahnen und es tut weh, nicht in ihrer Nähe sein zu können, um sie zu trösten und zu umarmen.
Dann musste ich meinen Mann letzten Mittwoch ziemlich spontan für vier Wochen verabschieden. Für so eine lange Zeit waren wir noch nie getrennt. Er ist zu einer Reha in Bad Wildungen und wir hoffen, dass es ihm gut tut.
Ebenfalls letzte Woche musste ich ein Herzensprojekt innerlich loslassen, welches wir seit Monaten mit uns getragen haben und uns schon viel Zeit, Kraft und Geld gekostet hat. Nun scheint es, dass wir es erstmal wieder in Gottes souveräne Hände zurücklegen müssen und gespannt sein können, was er noch tun wird. Aber es fühlt sich erstmal an wie ein schmerzhafter Verlust.
Klein, aber oft einfach on top, zerbrach meine wunderschöne Glaskanne mit Golddeckel. Sie stand immer auf unserem Tisch und ich freute mich einfach an ihr, weil sie so besonders war. Mit einem kleinen Schlag war sie kaputt und leider nicht mehr erhältlich da, wo ich sie her hatte.
Vor ein paar Tagen ging eine liebe Cousine mit gerade mal 38 Jahren nach Hause in den Himmel. Sie litt schon lange an Krebs und es verging kaum ein Tag, an dem wir nicht als Familie für sie gebetet haben. Nun hat sie es geschafft, aber ihr Strahlen und ihre Herzlichkeit werden wir alle schmerzlich vermissen.
Das ist ein kleiner Ausschnitt von dem, was gerade in meinem Herzen ist. Und da war es wieder Gottes Wort an diesem Morgen, welches zu mir sprach:
Mich begleitet gerade die bekannte Geschichte vom Volk Israel, als es vor dem Roten Meer stand und nicht weiter wusste. Alles Bekannte, wenn auch Unangenehme, hatten sie hinter sich gelassen. Sie waren losgezogen, raus aus dem Sklavenhaus Ägypten, durch die mächtige Hand Gottes geführt. Dann heißt es weiter in 2.Mose 13,17-18:
Als der Pharao das Volk ziehen ließ, führte Gott es nicht den Weg durch das Land der Philister, obwohl das der kürzeste Weg gewesen wäre, denn Gott dachte: "Wenn das Volk merkt, dass es kämpfen muss, könnte es seine Meinung ändern und nach Ägypten zurückkehren."
Aus diesem Grund ließ Gott das Volk einen Umweg machen und führte es den Wüstenweg zum Schilfmeer.
Was für ein seltener Einblick in die direkten Gedanken Gottes. Das Volk hatte gerade seine mächtigen Taten gesehen, sie waren Zeugen der größten Machterweise Gottes im Alten Testament und dennoch weiß Gott: Sie sind dem Kampf innerlich nicht gewachsen. Sie sind nicht stark genug. Zwar sind sie "kampfgerüstet" wie es in Vers 18 weiter heißt, aber nicht bereit, dem Feind entgegenzutreten.
Gott weiß das. Er ist ein liebevoller Vater, ein guter Hirte und er weiß:
Er wird den Kampf für sein Volk kämpfen.
So führt er das Volk einen Umweg. Nicht den direkten Weg. Und wäre ein Umweg nicht schon unangenehm und ärgerlich genug, so führt dieser Weg auch noch durch die Wüste. Es ist ein Wüstenweg.
Ein Wüstenweg - so empfinde ich meinen Weg auch streckenweise. Nicht dass ich mich ohne Führung fühle. Das war das Volk auch nicht, zog doch der Herr selbst vor ihnen her. Aber ein Umweg. Ein weiter, weiter Umweg durch die Wüste. Kein leichter Weg. Immer wieder ungeplante Biegungen. Plötzliche Anstiege. Flimmernde Hitze und erstarrende Kälte. So ist das in der Wüste.
Und dann wird es noch spannender: Das Volk soll über Umwege zum Meer ziehen und das alles soll so aussehen, als ob es ziellos umherirren würde.
Wie interessant. Gott lässt sein Volk Wüstenwege gehen, Umwege und dann scheint es nach außen auch noch so, als würden sie Irrwege gehen. Als würde der Weg nirgendwo hinführen als in eine Sackgasse.
Kommt dir das bekannt vor? Fühlst du dich auch manchmal so auf deinem Weg? Du fragst Gott: Warum dieser Weg? Warum so schwer? Warum so lang? Warum so scheinbar ohne Sinn und Ziel? Warum dieses Umherirren? Das Ziel außer Sichtweite.
Das ist das, was nach außen sichtbar ist. Doch wahr ist das:
Was für uns oft aussieht wir ein zielloses Umherirren, ist Gottes geplanter und zielgerichteter Weg, um sich selbst zu verherrlichen und uns zu retten, uns zum Staunen und in die Ehrfurcht zu bringen vor einem gewaltigen Gott, der gewaltige Wunder genau dann tut, wenn unser Leben wie ein Irrweg aussieht.
Der souveräne Gott, der alles sieht und alles im Blick hat, er verfolgt sein Ziel! Mit dir und mit mir! Nichts ist sinnlos. Nichts ist planlos. Kein Umweg ist ohne Ausweg. Kein Wüstenweg ohne seine väterliche Führung.
Wo irrst du gerade umher? Wo fühlt sich dein Leben wie eine große Enttäuschung an? Weißt nicht, wie es weitergehen soll? Wo fühlst du dich von der Wüste eingeschlossen? Verrannt, verirrt, verloren?
Das Volk lagert nun am Meer. Nicht für einen entspannten Urlaub, woran wir heute denken, wenn wir "Meer" hören. Nein, plötzlich wird alles noch enger, noch brenzliger. Nun liegt das Meer vor ihnen und der Feind aus Ägyptern kommt hinter ihnen in einer gewaltigen Staubwolke angedonnert. In der Falle! Was jetzt?
Wie ein gewaltiger Paukenschlag müssen die Worte von Mose über das Volk hinweg geklungen haben, die sich in Selbstmitleid und Jammern und fassungsloser Angst kaum zu halten wussten:
Mose aber antwortete dem Volk: Fürchtet euch nicht! Steht und seht die Rettung des HERRN, die er euch heute bringen wird! Denn die Ägypter, die ihr heute seht, die werdet ihr weiterhin in Ewigkeit nicht mehr sehen.
Der HERR wird für euch kämpfen, ihr aber werdet still sein. (2. Mose 14,13-14)
Gott selbst bringt Rettung! Er schließt sein Volk in Sicherheit ein, er schützt es vor den Angreifern und dann tut ER alles! Er lässt einen gewaltigen Ostwind wehen. Er öffnet den Weg, wo keiner war. Der Umweg, der Wüstenweg, der Irrweg - sie alle mündeten in den unwahrscheinlichsten und großartigsten Ausweg aller Zeiten! Wer hätte das gedacht: Ein Weg durch tosende Wassermassen hindurch. Trockenen Fußes geht jeder Schritt für Schritt durch das ausgetrocknete Meer. Im Vertrauen, dass die Mauern aus Wasser nicht einstürzen werden. In seiner väterlichen Fürsorge bringt sie Gott bis ans Ziel auf der anderen Seite.
Gott bringt Rettung in einer Weise, mit der keiner gerechnet hätte.
Kein Ohr hörte, kein Auge sah je einen Gott außer dir, der an dem handelt, der auf ihn harrt. (Jesaja 64,3)
Doch viel Größeres ist geschehen wie das. Tausende Jahre später...
Da war wieder ein Gott, der wusste, dass wir den Feind vor uns nicht selbst bekämpfen konnten. Er schickte jemand anderes den Weg in die Wüste, den Wüstenweg - für uns! Sein Weg sah für alle aus wie ein Irrweg. Seine Verhaftung, seine Geißelung, sein grausamer Tod am Kreuz. Wie eine Sackgasse, ohne Ausweg. Doch auch hier gilt wie nirgends mehr:
Es war Sein Plan und Sein Ziel. Es war nichts zielgerichteter als der Tod des Sohnes Gottes am Kreuz. Kein größerer Kampf wurde gekämpft, dessen Ausgang von vornherein klar war. Keine Wüste war einsamer, kein Durst quälender.
Auch hier blies ein starker Wind, als Jesus am Kreuz sein Leben aushauchte. Wie die Meereswogen sich teilten, so zerriss der Vorhang des Tempels beim Allerheiligsten entzwei, als der allerheiligste Gott und Mensch rief: "Es ist vollbracht." Wie das brausende Meer einen Weg öffnete und Rettung kam, so öffnete Jesu Tod am Kreuz den Weg zum Vater. Vergebung der Schuld, Versöhnung mit Gott. Wiederherstellung der Beziehung zu ihm.
Was wie der größte Irrweg aussah, ein toter Körper im Grab, wurde zum größten Rettungsweg für eine hilflos verlorene Menschheit. Seine Auferstehung - der Sieg, der die Welt und den Tod und alle Wüstenwege und Irrwege und unerwünschten Wege, die du jemals gehen wirst, überwunden hat.
Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. (1.Korinther 2,9)
Ich liebe dich, HERR!
Mein Herz und alles was ich bin und habe gehört dir allein. Wenn du auch Umwege führst, dann nur um mich zu bewahren und zu lehren. Wenn es auch so aussieht, als hätte ich mich verirrt, dann nur, um dich selbst und deinen Namen zu verherrlichen und zu meinem Besten alles zu seinem guten Ziel zu führen.
Vielleicht sind es gerade die Wüstenwege, die zu den größten Wundern führen...